Sammlung Grauwinkel | Malerei

Der passionierte Kunstsammler Siegfried Grauwinkel zeigt einen repräsentativen Querschnitt aus drei Jahrzehnten Sammlertätigkeit: Expressive Malerei vorwiegend Berliner Künstlerinnen und Künstler zwischen Figuration und Abstraktion.

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Bilder: Corinne Holthuizen-Habermann / Wolfgang Meier-Kühn

‚Ich sammele aus Leidenschaft und ertrage gern die Leiden, die es schafft !‘.*

Rede von Andrea Schwarzkopf zur Eröffnung

 

Das Sammeln von bildender Kunst geht bei Siegfried Grauwinkel mit dem Erwerb der Erkenntnis einher, die der/die KünstlerIn durch sein/ihr Werk von der Theorie zur praktischen Umsetzung vollzieht.

 

Für ihn wurde mit dem Mauerfall der Weg frei nun auch KünstlerInnen in Frankfurt/Oder, Karl-Marx-Stadt, Leipzig und Dresden kennen zu lernen.  Er sucht persönlichen Kontakt zum(r) KünstlerIn um die emotionale Bindung zum Werk nachhaltiger zu machen.

 

Bildende Kunst ist mit einem ‚botanischen Zeiger’ vergleichbar.  Als  Beispiel steht die Ackerröte (Sherardia arvensis) als Zeigerwert für Lehmboden. Die botanischen Zeigerwerte verweisen auf Licht. Temperatur, Salzgehalt, Kontinentalität und Schwermetallbelastung. Die Befindlichkeit einer Gesellschaft wird durch die Kunst, die in lokaler und/oder reflektierter Weise als Manier bezeichnet werden kann abgebildet.

 

Die heute ausgestellten Werke der Sammlung wurden zwischen 1982 und 2003 erworben und haben in Kleinmachnow einen Ort gefunden, in dem ein reges KünstlerInnenleben stattgefunden hat, und der als Schnittstelle steht durch seine jetzt nicht mehr vorhandene Begrenzung der ehemaligen Mauer.  Im Verein ‚Brücke e.V.’ arbeiten KünstlerInnen gemeinsam, die aufgrund der örtlichen Situation ihre Sozialisation in Ost -und/oder Westdeutschland bewusst erlebt haben.

 

Gerne möchte ich über KünstlerInnen einiger Werke sprechen, die heute ausgestellt sind.

 

Dagmar Ranft-Schinke (geb. 1944 in Chemnitz) gehörte zur gleichnamigen Galerie und Künstlergruppe Clara Mosch (ein Synonym für Carlfried Claus, Thomas Ranft, Michael Morgner, Gregor-Thorsten Koschik, Gregor Thorsten Schade und Dagmar Ranft-Schinke) aus Chemnitz. Die subversiven Arbeiten der Gruppe standen für Eigensinn und ephemere Aktionen, die Kunst frei von ökonomischen Zwängen und Aufträgen umsetzten. Dem damaligen Staatsapparat war dies insoweit suspekt, als dass er einen Fotografen beauftragte die Arbeiten und Aktionen zu dokumentieren. Ralf-Rainer Wasse wurde 1992 aufgedeckt und floh nach der Enttarnung als Informant für das Ministerium für Staatssicherheit 1992 vor jeder Aussprache“ und zog fort.**

 

Heinz Wagner (geb. 1925 in Menteroda/Thüringen) Bekannt wurde er durch die Portraits vieler Rektoren der Universität Leipzig, Lehrtätigkeit an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig.

 

Aljoscha Segárd, (geb. 1949 in Sofia/Bulgarien) ist der Enkel von Paul Klee und Sohn von Felix Klee. Er sitzt heute im Stiftungsrat des Zentrums Paul Klee in Bern/Schweiz.

 

Greta Ida Csatlos, deutsch-ungarische Künstlerin. Sängerin der Gruppe ‚Untoten’, die als Cultband der Hausbesetzerszene Berlins seit 1994 galt. Ihre Arbeit ‚Cicciolina’ widmet sich dem ehemaligen Pornostar und späteren Abgeordneten Ilona Staller, die ebenfalls ungarische Wurzeln hat. Seit 2011 lebt sie in Spanien.

 

Thomas Kleemann (geb, 1954 in Geesthacht/Schleswig-Holstein) lebt und arbeitet in Berlin und Melz/ Mecklenburg-Vorpommern). Seine abstrakte Arbeiten (o.T. Ochsenkopf) entstehen in Malprozessen, in denen sich Landschaften und Architekturen übereinanderlegen und somit Urbilder entstehen, die dem Betrachter vertraut erscheinen.

 

Julie Roberts (geb. 1963 in Wales) wurde in Glasgow/Schottland ausgebildet. Sie lebt und arbeitet in Edinburgh/Schottland. Die Arbeit ‚Brass Bed’ ist eine Arbeit aus der frühen Schaffensperiode ‚Colorfield Phase’. Ihre Arbeiten sind in der Schottischen Nationalgalerie für Moderne Kunst vertreten. In ihrer Arbeit schraffiert sie den Hintergrund durch vertikale und horizontale Farbaufträge. Daraus entsteht eine besondere räumliche Tiefe. Den abgebildeten Gegenstand wählt sie aus einem Zusammenhang prägender Erinnerung aus ihrer Kindheit. Sie sieht ihre Arbeiten als  den ‚weiblichen Blick’, der sich in besonderer Form emotional manifestiert.

 

Andreas Baumeier (geb. 1955 wahrsch. Berlin/ lebt und arbeitet seit 2013 in Damnatz Lüchow-Dannenberg).  Seine ‚Blue Cans’  gehören zu seinen TAO (Travelling Art Objects) Arbeiten. Die Zerlegung durch den Transport bewirkt eine vorübergehende Auflösung des Bildes.  Mit entsprechendem Abstand ist in dem Bild ein Porträt des Künstlers Andy Warhol zu erkennen.

 

‚Ein Sammler ist man, wenn man kauft, obwohl man kein Platz mehr an den Wänden hat. Das ist inzwischen längst bei mir der Fall.’***

Mit diesem Impetus bietet er die gezeigten Arbeiten zum Kauf. Nicht weil sie ihm nicht mehr wertvoll erscheinen sondern weil er Platz für neue Ideen, Innovationen und bildende Kunst haben möchte.

 

* Seite 6 ‚Sammlung Siegfried Grauwinkel’ Naumann Beck Verlag, Erscheinungsjahr 2017

** Ausstellung der Kunstsammlung Chemnitz, Clara Mosch und Ralf-Rainer Wasse vom 23. Feb. – 21. Juni 2020, ARD Mediathek vom 10. Mai 2020 ttt – Titel Thesen Temperamente

*** S. 9 ‚Sammlung Siegried Grauwinkel’ Naumann Beck Verlag, Erscheinungsjahr 2017

 

 

 

(c) Andrea Schwarzkopf im November 2020 in Kleinmachnow

 

„Mit jeder Arbeit, die ich zu Hause habe und betrachte, ist eine Geschichte verbunden.“

Im Gespräch mit Siegfried Grauwinkel

 

Siegfried Grauwinkel, 1944 in Bernau geboren, lebte und führte eine Generalvertretung für Leuchten und Elektrotechnik in Berlin, seit 10 Jahren wohnt er in Kleinmachnow. Vor drei Jahrzehnten begann er Kunst „aus dem Bauch heraus“ zu kaufen. Seit etwa 15 Jahren, nachdem er in den Ruhestand wechselte, sammelt er gezielt Arbeiten aus den Bereichen Minimalismus, Konkret, Konstruktivismus und Konzeptkunst sowie  Arbeiten der Gruppe Zero. Seit 2014 richtet er seine Sammlung auf “Kunst nach 1960 in Europa” aus. Im Gespräch erzählt er, wie er dazu kam, Kunst zu kaufen und dann zu sammeln, wie schwierig es ist, den Wert eines Kunstwerks auszuloten und warum ein Bild eine Geschichte haben muss.

 

Das vollständige Interview lesen Sie hier.


Auf Anordnung der Gemeinde Kleinmachnow bleibt das Landarbeiterhaus vom 2. bis 30. November 2020 geschlossen.


 

„So schnell war noch keine Ausstellung vorüber“ – Bericht in der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 6.11.2020