Kati von Schwerin | Julius Reinders

Bild: Wolfgang Meier-Kühn

 

Ausstellung  vom 16. Oktober bis 20. November

 


Finissage am 20. November um 16 Uhr mit Konzert und Lesung. Kati von Schwerin „Kleine Marotten“ Mehr lesen


 

Kati von Schwerin studierte Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf (Meisterschülerin von Markus Lüpertz) sowie  Philosophie in Düsseldorf und Berlin und widmete sich dabei vorrangig anthropologischen und kulturellen Themen. Der kritische Unterton, der sich als roter Faden durch von Schwerins Werk zieht, kommt nicht von ungefähr und soll vor allem dafür sorgen, dass der Betrachter gefordert wird, darüber nachzudenken, wer man ist und wer man gerne sein will.

 

Kati von Schwerin lebt und arbeitet in Berlin, hat neben ihrer künstlerischen Tätigkeit zudem inzwischen zwei Musik-Alben veröffentlicht, betreibt den wöchentlich erscheinenden Podcast „Derby WG“ und schreibt als freie Autorin fürs Titanic Magazin. 2021 erschien ihr erster Roman.


Julius Reinders ist ein erzählender Zeichner. Der Fluss seiner Linien lässt die gezeigten Dinge verschmelzen und formt auf den Blättern ganz eigene Welten, die stets Leichtigkeit in sich tragen. Oft erst im Nachhinein beginnt Julius Reinders mit einer intensiven Recherche zur Bedeutung der Dinge, die er vor Ort über die Zeichnung in sein Gedächtnis eingeprägt hat. Der Raum wird verformt und gedehnt, um die Erzählung zu komplettieren oder die Raumerfahrung bei der Begehung wiederzugeben. Farbigkeiten treten hinzu, um eine weitere, emotionale Ebene zu erzeugen.

 

Julius Reinders studierte Kunst mit Schwerpunkt Graphik an der Universität  Dortmund sowie Bildhauerei ander Düsseldorfer Kunstakademie. Er lebt in Emmerinch am Rhein.

 


Geöffnet Samstags und Sonntags von 14 bis 18 Uhr

und nach Vereinbarung (Telefonisch anmelden unter 0173 – 8112451)

 

Der Eintritt ist frei. Hinweise zum Besuch der Ausstellung im Landarbeiterhaus hier. Wenn Sie direkt informiert werden möchten, abonnieren Sie unseren Newsletter


 

Bilder: Rainer Ehrt, Wolfgang Meier-Kühn, Iris Nienstedt

Künstliche Traumlandschaft und ironische Hommage

 

Liebe Kunstfreunde,

 

ich freue mich, zur vorletzten Ausstellung dieses Jahres zwei Vertreter der jüngeren Künstlergeneration als Gäste im Landarbeiterhaus zu begrüßen – Kati von Schwerin und Julius Reinders.

 

Halb zufällig, halb vielleicht nach einer verborgenen, unterschwelligen Verwandtschaft haben wir Absolventen der Düsseldorfer Kunstakademie zusammengespannt, und die Krönung dieser Vernissage wäre natürlich gewesen, wenn der Groß-Künstler und langjährige Lehrer an dieser renommierten Ausbildungsstätte namens Marcus Lüpertz uns heute hier die Ehre gegeben haben würde; bis vor einigen Jahren arbeitete er ganz in der Nähe in einer geräumigen Werkhalle in Teltow.

 

Nun hat in unseren Zeiten ein globalisierter Kunstbetrieb die Spezifik und unverwechselbare Eigenart bestimmter künstlerischer Schulen so ziemlich eingeebnet; dennoch ist es interessant, und manchmal sogar doch noch möglich, einen ganz leisen so genannten Stallgeruch unserer Aussteller zu schnuppern – sei es die Leipziger, die Dresdener, die Hallenser, die Bremer oder eben die Düsseldorfer Schule.

 

Kati von Schwerin war Studentin und Meisterschülerin bei eben jenem Lüpertz und ließ noch ein Studium der Philosophie und einen master of arts an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und an der Humboldt-Universität Berlin folgen. Reproduktionen ihrer Arbeiten können nur schwer wiedergeben, was das Original da an Präzision, raffinierter Haptik, Feinmalerei und bestürzender Radikalität offenbart: Die klassischen heiligen Mal-Leinwände sind zerschnitten und sauber wieder zusammengenäht, ein im wahrsten Sinn des Wortes einschneidender Kunstgriff, eine entschiedene Abnabelung sowohl von -Zitat – „tradierten Inhaltslasten“ als auch vom „vermeintlichen Muss einer emotionalen Ebene im Kunstwerk“.

 

Was entsteht, ist Verrätselung und neue Freiheit in einem, ein Ausbruch und ein Aufbruch zugleich, eine ironische Hommage an das heilige Tafelbild genauso wie an die zeitweilige Vergötterung der Abstraktion als einer angeblich höheren künstlerischen Wahrheit. Was entsteht, ist radikales Fragen und in Frage stellen überkommener Muster und bequemer Betrachtungsgewohnheiten, und da öffnen sich, wie ich finde, sehr wohl auch wieder neue gewichtige Inhalte wie neue emotionale Ebenen in ihren Bildern.  Daneben sehen wir übrigens auch das Spiel mit plastischen und typografischen Elementen, die sich in Richtung Objekt bewegen; alles zusammen und zugleich ein Freischwimmen in einem originellen und ganz persönlichen Frei-Stil.

 

Kati von Schwerin singt, komponiert und schreibt auch; zur Finissage am Sonntag, dem 20. November um 16 Uhr wird es eine musikalische Lesung mit ihr geben.

 

Julius Reinders stammt aus Bocholt und hat an der Universität Dortmund Grafik und an der Kunstakademie Düsseldorf Bildhauerei studiert. Leider hat er keine plastische Arbeit mitgebracht, zeigt aber dafür eine Auswahl seiner mit allen graphischen Wassern gewaschenen Zeichnungen und experimentellen Drucke. Von dem großen französischen Klassizisten Jean-Dominique Ingres stammt der ebenso provokante wie schwer zu widerlegende Satz: „Die Zeichnung ist die Ehrlichkeit in der Kunst.“

 

Ein anderer, ebenso provokanter Satz stammt vom Dramatiker Heiner Müller und lautet: „Zeichnen heißt Weglassen, aber manchmal merkt man hinterher, dass man das Falsche weggelassen hat.“ Reinders zeichnet passioniert auf den Straßen, in Parks, oder in Kirchen vor dem Altären, mit dem weichen Blei und mit einer Art anarchischer Präzision oder präziser Anarchie: Die graphischen Schwerpunkte, die Spannungen und Weglassungen genau gesetzt, das kleine Format als große Bühne für das immer neue Abenteuer des Auges, dem die zeichnende Hand sicher folgt. – Sicher, aber nicht zu sicher: Es bleibt die Freiheit für den spontanen barocken Schnörkel, das Abenteuer und das Staunen, wenn die Hand mit dem Blei ihre eigenen Wege geht, wenn im Geviert des Blattes eine neue, eigene Realität entsteht.

 

Die neuen digitalen Druckverfahren machen es leicht und schwer zugleich, aus einem unendlichen Fundus ornamentaler Abstraktionen und Farbenspielen zu schöpfen: Reinders präsentiert hier eine zweite, gänzlich verschiedene Werkreihe. In der kleinen Serie  „Brunnen für Schwetzingen“ – Transferdruck- Unikate auf Holz – führt er scheinbar beide Handschriften auf originelle Weise zusammen: Natureindruck und künstliche Traumlandschaft eines vergangnen Zeitalters verwandelt im Auge des Zeichners zu einer neuen, ganz eigenen graphischen Wirklichkeit.

 

Die Ausstellung ist eröffnet.

Rede zur Eröffnung am 16.10.2022; Rainer Ehrt