Fahlbusch | Kurka

Grafik: Rainer Ehrt

Die faszinierenden Frauenskulpturen des Berliner Bildhauers Rainer Kurka sind lebensgroße keramische Unikate und haben eine geradezu hypnotische Wirkung auf den Betrachter. Begleitet werden sie von neuen Arbeiten des Potsdamer Fotokünstlers Klaus D. Fahlbusch – ein weit gereister, sensibler Menschen-Beobachter und unermüdlicher Experimentator fotografischer Möglichkeiten.


Ausstellung  vom 2. Juni bis 14. Juli

 

Sonntag, 2.Juni, 16 Uhr Vernissage  | Die Künstler sind anwesend

Rede von Rainer Ehrt, Maler und Graphiker

 

Geöffnet Samstags und Sonntags von 14 bis 18 Uhr

und nach Vereinbarung (Telefonisch anmelden unter 0173 – 8112451)

 

Der Eintritt ist frei. Hinweise zum Besuch der Ausstellung im Landarbeiterhaus hier. Wenn Sie direkt informiert werden möchten, abonnieren Sie unseren Newsletter


 

Bilder: Wolfgang Meier-Kühn, Heidi Kühlein

Frühsommerfülle

 

„Die Augen sind die Fenster der Seele« ist eine Bemerkung, die der Mystikerin Hildegard von Bingen zugeschrieben wird. In unserer neuen Ausstellung haben wir es mit einer überfülle von Augen- Blicken zu tun; nichts Flüchtiges, sondern  ein intensives Wechselspiel, wenn man sich als Betrachter darauf einlässt. -denn in dem Maße, wie wir in all die fotografierten und modellierten Augen schauen und Empfindungen, Schicksale, Lebenswege darin zu ergründen versuchen, sehen sie auch in uns zurück.

 

Der Fotokünstler Klaus Fahlbusch ist sogar noch mit einem dritten Auge unterwegs, dem seiner Kamera auf inzwischen nahezu allen Kontinenten und seit über dreißig Jahren. Er ist ein Weltenbummler, aber das Wort trifft es nicht, denn statt nur zu bummeln ist er unersättlich neugierig auf Begegnungen, Blickwechsel, urbane Landschaften und die Menschen in diesen Landschaften – klar, das es ihm im kleinen ummauerten deutschen Staat zu eng werden musste.

 

Im Foyer sind, wie ein Echo seiner und unserer Vergangenheit, drei seiner frühen Schwarzweißaufnahmen aus seinem Potsdamer Kiez-Umfeld zu sehen, in denen gleichwohl schon sein pointierter, genauer fotografischer Blick ablesbar ist: Scheinbar Alltägliches wird zum Exemplarischen, scheinbar Zufälliges ist in den Gewichten der Bildelemente, in den Kontrasten, Schärfen und Unschärfen genau abgewogen. Die Zeit des Mauerfalls und der entschiedenen basisdemokratischen Bewegung der ostdeutschen Gesellschaft hat Fahlbusch dann ebenso intensiv und eindrücklich fotografisch begleitet – dies wäre allerdings eine eigene Ausstellung. Danach aber der Aufbruch in die Welt – immer wieder bewundere ich, welche exotischen Fernen er bereist und wie er dabei auch wieder ganz bodenständig nahe bei den Menschen bleibt- zum Beispiel quer durch Afrika mit der Eisenbahn.

 

Nichts bequem-touristisches ist an seinen Reisen, sondern der Dreiäugige dabei stets im komplexen Zusammenspiel von minimalistischem Aufwand, Einfühlen in fremde und sehr viel bescheidenere Lebensverhältnisse, in kreativ-pantomimischer Kommunikation mit gänzlich fremden Sprachen. In Fahlbuschs Porträts, wo der Fotograf Menschen zwangsläufig sehr nahe kommen muss, ist zugleich höchste Konzentration und intensive Zuwendung zu spüren, verbunden mit dem entscheidenden Moment, der glücklichen Hundertstelsekunde, wo zwischen dem kameraverstärkten Auge des Fotografen und dem oder der Porträtierten eine Verbindung entsteht, gewissermaßen ein Funke überspringt. Der Mensch wendet sich wieder ab, der Fotograf geht seiner Wege, aber der glückliche Moment ist festgehalten, und wir können ihn in dieser Ausstellung ebenso erleben.

 

Rainer Kurka ist von Haus aus Architekt: Ein Beruf, in dem Räume, Gleichgewichte, Balancen, Volumina, und deren unbedingt genaues Maß  im Mittelpunkt stehen müssen – neben dem Sinn für Proportionen, für Materialien und Oberflächen. Man kann das wissen und vergisst es doch gleich wieder wenn man vor einer der Porträtplastiken Kurkas steht: Wiederum gebannt Auge in Auge, aber zugleich fasziniert und irritiert von der unerhörten Lebendigkeit seiner Torsi.

 

Hier scheint ein berühmter Satz Albrecht Dürers angebracht: „Denn wahrhaftig liegt die Kunst in der Natur, und wer sie heraus kann reißen, der hat sie.“ Die Kunst der plastischen Menschenbilder geht bekanntlich von den steinzeitliche Idolen über Archaik und Klassik hin zu den äußersten virtuosen Schöpfungen des Barock, von denen aus es schier nicht mehr weiter gehen konnte- die Bildhauer mussten neue Wege gehen. Einer davon führte am Ende in die äußerste Abstraktion, aber auch hier war ein Punkt erreicht, von dem aus es nicht mehr weiter gehen konnte. Rainer Kurka ging seinen eigenen Weg: Die Sensibilität und Perfektion, mit der er sein Material Ton in menschliche Abbilder verwandelt, erreicht auf eine neue Weise klassische Schönheit.

 

Zurückhaltend und herausfordernd zugleich sehen sie uns an oder sehen sie sinnierend zu Boden. Sie sind im Ausdruck nicht statuarisch, sondern in lebendiger Ruhe, eine versonnene Gelassenheit geht von ihnen aus, es sprechen auch immer die entspannten Schultern, der sanft geneigte Nacken, oder die gelockerten Arme mit. Wir werden sozusagen mit Haut und Haaren in den Bann gezogen: Kurka beherrscht das Material und übersetzt, auch mit Hilfe klug eingesetzter gedämpfter keramischer Farben souverän Haut, Haar, textile Oberflächen in ein ideales Abbild von jugendlicher Schönheit, ohne je naturalistisch zu werden. Es entsteht eine magische Sinnlichkeit oder sinnliche Magie, die gerade deshalb so zeitlos wirkt, weil sie auch die Vergänglichkeit nicht verbirgt.

 

Die Ausstellung ist eröffnet.

(Rede von Rainer Ehrt zur Eröffnung)

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