Grazile Figuren, ungenaue Gesichter
Erste Arbeiten der vier Gastkünstler der diesjährigen Kunstwoche sind im Landarbeiterhaus zu sehen. Zu Gast sind in diesem Jahr die eher dem klassischen Kanon verpflichteten Bildhauer Anna Martha Napp und Ulf Schüler, die Objekt- und Raumkünstlerin Bettina Lüdicke und die Zeichnerin Marion Angulanza.
Die Künster arbeiten öffentlich in der Woche vom 11. 9 bis 15. 9. jeweils von 12 bis 18 Uhr.
Aus der Rede zur Vernissage von Marion Welsch
„Für die Begrüßung unserer Künstler und Künstlerinnen habe ich mich auf ein äußerst gefährliches Terrain begeben. Ich habe mir eines meiner Lieblingsbücher zum Vorbild genommen. Es heißt „Ich sehe was was du nicht siehst“ von Joan Steiner. Ich habe gereimt.
Ich sehe was, was du nicht siehst.
Komm mit mir mit- ich zeig dir die Welt,
in der nichts so ist, wofür man es hält.
Ich sehe was, was du nicht siehst:
Zeichnungen nach der Natur mit weichem Graffit
Kleine Quadrate sollen Störfelder sein
Von der Pfaueninsel, Lofoten und der Karibik
Von Fern siehst du Marions Bilder sehr fein
Ganz nah nicht klar – und manchmal gespiegelt
Ich sehe was, was du nicht siehst:
Draht, der zum Würfel gebogen, gewunden
Der wurde rot und schwarz patiniert
Bettinas Würfel auch als Teil im Runden
Geflochten, bewegen sich fein ziseliert.
Wenn du vorsichtig pustest, drehen sie sich schnell.
Ich sehe was, was du nicht siehst:
Grazile durchscheinende Figuren
Aus Keramik, Draht, Gips und Papier
Ein angezogenes Tier-Skelett steht hier
Anna zeigt uns in ihren Skulpturen
Wie sind zerbrechlich Mensch und Tier
Ich sehe was, was du nicht siehst:
Backsteine mit Köpfen in Reihe gestellt
Indianer, Flieger, ein Mann mit Eisbärfell
Holz nach Steinart behauen, fein gedellt
Ulf hat selber Schnitzwerkzeug hergestellt
Und „ungenaue“ Gesichter im Holz gefunden.“